In den USA gibt es zwei Einteilungen von Schutzklassen für Gehäuse elektrischer Geräte. Die eine ist das NEMA Rating, das andere das UL Type Rating. Auf den ersten Blick scheinen sich beide nicht sonderlich zu unterscheiden. Warum sie dennoch nicht beliebig austauschbar sind und was das in der Praxis bedeutet, erklären wir in diesem Beitrag.
Bezug zu UL
Durch den Standard der NEMA bzw. von UL können Maschinen und Anlagen für eine entsprechende Umgebung ausgelegt werden.
Warum ein NEMA Rating kein UL Type Rating ersetzen kann
Bei elektrischen Geräten erfüllen Gehäuse vor allem zwei Zwecke: Zum einen schützen sie den Anwender vor dem Kontakt mit gefährlichen Teilen in ihrem Innern, zum anderen schützen sie ebendiese Komponenten vor potenziell schädlichen äußeren Einflüssen, wie Wasser, Öl oder Staub. Um den Grad der Schutzwirkung zu bestimmen, gibt es in den USA zwei Rating-Systeme – das von UL und das der NEMA. Beide bedienen sich derselben Einteilung von Schutzklassen. Dennoch kann ein NEMA-Rating niemals ein adäquater Ersatz für ein UL Type Rating sein. Doch warum ist das so?
NEMA-Rating
Die National Electrical Manufacturers Association (NEMA) ist die Interessenvertretung der US-amerikanischen Elektroindustrie. Sie veröffentlicht einige Standards, die Anforderungen an die Erzeugnisse dieser Industriesparte definieren. Einer davon ist der NEMA-Standard 250, der sich mit Gehäusen für elektrische Anlagen mit einer Betriebsspannung von weniger als 1.000 Volt befasst. Er enthält Anforderungen bezüglich der Schutzwirkung solcher Gehäuse gegen das Eindringen von Staub, Wasser und Öl, sowie über den Korrosionsschutz, die Wandstärke und vielem mehr.
Die Einhaltung des NEMA-Standards obliegt allein dem jeweiligen Hersteller. Es liegt in seiner Verantwortung, zu versichern, dass seine Erzeugnisse dem Standard entsprechen. Damit ein Hersteller die entsprechende Versicherung abgeben kann, sind keine praktischen Tests erforderlich. Insbesondere ist auch keine Prüfung durch die NEMA oder ein unabhängiges Institut vorgesehen.
UL-Type-Rating nach UL 50E
Die Underwriters Laboratories (UL) sind ein von der amerikanischen Occupational Safety and Health Administration (OSHA) anerkanntes, unabhängiges Prüflabor, das Produkte auf ihre Sicherheit prüft. Dazu bedient sich UL selbst entwickelter Normen. Der Standard für die Prüfung von Gehäusen für elektrische Geräte ist die UL 50. Diese wird von der UL 50E ergänzt, die die umweltbezogenen Konstruktionsanforderungen regelt. Die in der UL 50E niedergelegten Schutzklassen entsprechen in ihrer Einteilung jenen des NEMA-Standards 250, wobei die genauen Anforderungen sich jedoch teilweise unterscheiden.
Der signifikante Unterschied ist aber, dass die Erfüllung der Vorgaben bei einem UL Type Rating nicht durch den Hersteller zugesagt wird, sondern dass UL dies unabhängig prüft. Der Anwender kann sich also sicher sein, dass bei einem UL-zertifizierten Gehäuse der versprochene Schutz durch Gehäuse, Interlock usw. auch tatsächlich gegeben ist.
Welche Schutzklassen gibt es bei NEMA- und UL Type Ratings?
NEMA und die UL kennen insgesamt 13 verschiedene Schutzklassen. Die Klassen 1, 2, 5, 12, 12K und 13 gelten für Gehäuse, die zum Einsatz im Innenbereich gedacht sind, wohingegen die Klassen 3, 3R, 3S, 4, 4X, 6 und 6P die Anforderungen an Gehäuse für Außenbereiche regeln. Die Anforderungen der einzelnen Schutzklassen reichen dabei vom Schutz vor dem Eindringen groben Schmutzes (Typ 1) bis zu einer zuverlässigen Wasserdichtigkeit bei dauerhaftem Untertauchen (Typ 6P). Allen Klassen gemein ist, dass die Gehäuse einen Kontakt mit gefährlichen Teilen in ihrem Innern bis zu einem gewissen Grad verhindern müssen.
Gibt es unterschiedliche Anforderungen bei NEMA und UL?
Bei den meisten Schutzklassen unterscheiden sich die Anforderungen, die an die jeweilige Klasse gestellt werden, nicht zwischen dem NEMA-Standard und der UL 50E. Ausnahmen bilden hierbei die Klassen bzw. Types 6, 6P, 12, 12K. Schauen wir uns diese Unterschiede einmal am Beispiel der Klassen 6 und 6P an.
Wären die NEMA für Type-6-Gehäuse lediglich einen Schutz gegen Schlauchwasser verlangt, listet UL auch noch Schnee, Schneeregen und Regen auf. Da beide Normen für diese Schutzklasse jedoch auch einen Schutz gegen zeitweiliges (Type 6) bzw. dauerhaftes Untertauchen (Type 6P) verlangen, sind diese Unterschiede aber eher formeller Natur. Einzige praxisrelevante Ausnahme hierbei ist der Korrosionsschutz, den nur UL fordert.
Was ist mit dem IP-Rating?
Ein drittes Rating zur Einstufung des Schutzgrades eines Gehäuses ist das IP-Rating. IP steht für Ingress Protection (Schutz gegen Eindringen) und adressiert ebenfalls feste Fremdkörper, insbesondere Staub, und Flüssigkeiten. Die Einteilung in IP-Schutzgrade ist international anerkannt und richtet sich nach dem internationalen Standard EN 60529 (bzw. in der Europäischen Union nach dem Standard IEC 60509:1989). Für die Zuerkennung eines IP-Schutzgrades ist, wie beim UL Type Rating, die Prüfung des entsprechenden Gehäuses durch ein unabhängiges Institut nötig.
Kann ein IP-Schutzgrad also ein UL Type Rating ersetzen? Nein, denn UL besteht auf die entsprechende Prüfung nach eigenen Normen. Es ist also einfach: Selbst wenn ein Gehäuse bereits über ein IP-Rating verfügt, das fertige Endprodukt aber eine UL-Zulassung bekommen soll, muss auch das Gehäuse noch entsprechend der UL 50 bzw. 50E geprüft werden.
Zusammenfassung
NEMA-Rating vs. UL Type Rating
Die Einteilung der Schutzklassen unterscheidet sich nicht zwischen dem NEMA-Standard 250 und der Norm UL 50. Lediglich innerhalb der einzelnen Schutzklassen gibt es Unterschiede, welche Anforderungen an die Gehäuse genau gestellt werden. UL erkennt dennoch keine NEMA-Ratings an, da die Underwriters Laboratories mit ihrem Siegel ein in den USA weithin anerkanntes Label für die Sicherheit von Produkten vergeben. Um die hohen Anforderungen von UL zu erfüllen, reicht eine simple Selbstversicherung des Herstellers, wie sie die NEMA verlangt, nicht aus.