Durch die ATEX-Richtlinien soll der Explosionsschutz in industriellen Umgebungen verbessert werden, in denen mit gefährlichen Stoffen wie Gasen, Dämpfen oder Stäuben gearbeitet wird. Das Ziel: Menschen und Anlagen vor Explosionen und den daraus entstehenden Folgen zu schützen.
Bezug zur UL
Weltweit regeln verschiedene Betriebsrichtlinien die Sicherheitsstandards für explosionsgefährdete Bereiche. ATEX ist für den Einsatz in Ex-Zonen innerhalb der gesamten Europäischen Union gesetzlich vorgeschrieben, während die UL (Underwriters Laboratories) Anforderungen gemäß dem National Electrical Code (NEC) für den US-amerikanischen Markt festlegen. Hersteller streben häufig eine doppelte Zertifizierung an, um sowohl EU- als auch US-Anforderungen zu erfüllen.
Was versteht man unter ATEX?
ATEX ist eine europäische Richtlinie, die Anforderungen an Geräte, Maschinen und Schutzsysteme für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen festlegt. Dabei erhalten die Geräte eine ATEX-Zertifizierung zur Sicherstellung der Nutzung in diesen Bereichen.
Der Begriff ist eine Abkürzung aus dem französischen und steht für „ATmosphères EXplosibles“ und regelt Sicherheitsstandards, um Risiken durch explosionsfähige Atmosphären, wie sie in Industrieumgebungen vorkommen können, zu vermeiden. Dies wird durch technische Maßnahmen, Zoneneinteilungen und Zertifizierungen gewährleistet.

Explosionsschutz nach ATEX-Richtlinie
In vielen Arbeitsbereichen können Gase, Stäube oder Dämpfe in der Luft auftreten. Entzünden sich diese Stoffe, kann es zu Explosionen kommen, die sowohl Menschen als auch Anlagen gefährden. Tätigkeiten wie das Lackieren von Fahrzeugen, die chemische Produktion, das Sägen von Holz oder das Mahlen von Getreide gehören zu den Prozessen, bei denen explosionsfähige Atmosphären entstehen können. Ziel ist es, Explosionen zu verhindern oder ihre Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Die Sicherheit in explosionsgefährdeten Bereichen wird deshalb von unterschiedlichen Richtlinien festgelegt.
Die zwei relevanten Betriebsrichtlinien, die ATEX umfasst, sind:
- ATEX-Produktrichtlinie 2014/34/EU – regelt die Anforderungen an Geräte und Schutzsysteme für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen und ist verbindlich für die Produktsicherheit. Dabei ist der Schutz von Menschen, etwa von Nutzern der Geräte, vorrangig.
- ATEX-Betriebsrichtlinie 1999/92/EG – legt Anforderungen an die Sicherheit von Arbeitsplätzen fest, die in explosionsgefährdeten Bereichen liegen.
Die ATEX-Richtlinien wurden 1994 als Richtlinie 94/9/EG eingeführt und 2014 mit der Richtlinie 2014/34/EU an den Neuen Rechtsrahmen (NLF) angepasst, um den freien Warenverkehr im Binnenmarkt zu fördern und nationale Vorschriften zu harmonisieren.
Unterschiede der Betriebsrichtlinien

Die ATEX-Kennzeichnung von Geräten
Alle Produkte, Maschinen, Betriebsmittel, Schutzsysteme und Geräte, die in explosionsgefährdeten Bereichen verwendet werden, müssen gemäß der ATEX-Richtlinie 2014/34/EU gekennzeichnet sein. Zudem ist eine EU-Konformitätserklärung erforderlich. Die folgende Kennzeichnung muss an den Geräten angebracht werden:
- Name und Adresse des Herstellers
- CE-Kennzeichnung
- Kennnummer der beteiligten Prüfstelle (falls vorhanden)
- Serien- und Typbezeichnung
- Serien- oder Fabrikationsnummer
- Baujahr
- Angabe der Gerätegruppe und Gerätekategorie
Das Ex-Symbol kennzeichnet das Gerät als ATEX-zertifiziert und die ATEX-Kennzeichnung gibt Aufschluss darüber, für welche Bereiche ein Gerät geeignet ist. Sie enthält wichtige Informationen, wie die Gerätegruppe, die Kategorie des Geräts, die ATEX-Zone, die Temperaturklasse und die Zündschutzart.

Die ATEX-Zertifizierung
Die ATEX-Zertifizierung ist ein zentraler Bestandteil der Sicherheitstechnik in explosionsgefährdeten Atmosphären. Sie stellt sicher, dass Geräte und Schutzsysteme den Anforderungen der ATEX-Richtlinie entsprechen und in gefährdeten Umgebungen sicher eingesetzt werden können.
Welche Geräte brauchen eine ATEX-Zulassung?
Grundsätzlich benötigen alle Geräte und Anlagen, die entweder selbst als potenzielle Zündquelle fungieren oder in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden, eine ATEX-Zulassung. Dies betrifft hauptsächlich Branchen und Industriezweige, in denen mit brennbaren oder explosionsfähigen Substanzen gearbeitet wird, wie in der Chemie-, Öl- und Gasindustrie, Lebensmittelproduktion oder Pharmazie.
ATEX-zertifiziert werden müssen nicht nur elektrische Geräte wie Schaltschränke, sondern auch mechanische Bauteile, Schutzsysteme und Komponenten, die in der Ex-Zone installiert oder betrieben werden. Ebenso unterliegt Steuer- und Regeltechnik, die für den sicheren Betrieb in ATEX-Zonen ausgelegt ist, dieser Anforderung.
So läuft die ATEX-Zertifizierung ab
Um eine ATEX-Zertifizierung zu erhalten, müssen Geräte und Schutzsysteme einem strengen Prüf- und Zertifizierungsprozess unterzogen werden. Dieser umfasst folgende Schritte:
- Schritt 1 – Risikobewertung und Zündquellenanalyse: Hersteller müssen nachweisen, dass ihre Produkte potenzielle Zündquellen ausschließen können, wie etwa Funkenbildung, Überhitzung oder elektrostatische Aufladung.
- Schritt 2 – Prüfung durch eine benannte Stelle: Eine unabhängige Prüfstelle führt detaillierte Tests und Analysen durch. Diese Stellen sind in Europa von den zuständigen Behörden akkreditiert.
- Schritt 3 – Technische Dokumentation: Der Hersteller muss eine umfassende technische Dokumentation erstellen, die Informationen zur Konstruktion, Prüfung und sicheren Nutzung des Geräts enthält.
- Schritt 4 – Konformitätserklärung: Nach erfolgreicher Prüfung stellt der Hersteller eine Konformitätserklärung aus, die die Übereinstimmung mit der ATEX-Richtlinie bescheinigt.
- Schritt 5 – Kennzeichnung des Produkts: Das Gerät erhält eine ATEX-Kennzeichnung, die die Eignung für bestimmte Ex-Bereiche und Sicherheitsmerkmale klar angibt.

Die Einteilung von Ex-Bereichen
Um Risiken besser bewerten zu können und den Einsatz geeigneter Geräte sicherzustellen, legt die ATEX-Richtlinie klare Klassifikationen für explosionsgefährdete Bereiche fest: die Explosionsgruppe und die Kategorie des Geräts sowie die Zoneneinteilung.
Explosionsgruppe und Kategorie
Die Einteilung in Gerätegruppen und Kategorien beschreibt, für welche Bereiche und Gefährdungen Geräte ausgelegt sein müssen:
- ATEX-Explosionsgruppe I: Geräte für den Einsatz in Bergwerken, wo Methangas oder brennbarer Staub auftreten kann.
- ATEX-Explosionsgruppe II: Geräte für andere Industrien, wie Chemie, Öl und Gas, Lebensmittelproduktion oder Pharmazie. Diese Gruppe wird in weitere Kategorien unterteilt.
Darüber hinaus erfolgt eine Klassifizierung in Kategorien, die die Häufigkeit und Dauer des Auftretens einer explosionsfähigen Atmosphäre berücksichtigt. Die ATEX-Explosionsgruppe I umfasst die Kategorien 1 und 2, während die Explosionsgruppe II den Kategorien 1, 2 und 3 zugeordnet ist. Geräte der Kategorie 1 bieten ein besonders hohes Sicherheitsniveau, während Geräte der Kategorie 3 für Anwendungen mit normalen Sicherheitsanforderungen ausgelegt sind.

Zoneneinteilung: Welche ATEX-Zonen gibt es?
Im Rahmen des EU-Explosionsschutzes wird neben der Einteilung in Kategorien auch eine Zoneneinteilung vorgenommen, die sich nach der Häufigkeit und Dauer des Auftretens explosionsfähiger Atmosphären richtet.

ATEX-Zone 0 (Gas) bzw. 20 (Staub)
Zone 0 und Zone 20 bezeichnen Bereiche, in denen eine explosionsfähige Atmosphäre ständig oder über längere Zeiträume vorhanden ist. Beispiele dafür sind etwa Rohre mit flüssigen Lösungsmitteln oder Bereiche mit häufiger explosiver Staubwolkenbildung.
ATEX-Zone 1 (Gas) bzw. 21 (Staub)
Zone 1 und Zone 21 umfassen Bereiche, in denen eine explosionsfähige Atmosphäre unter normalen Betriebsbedingungen gelegentlich auftreten kann. Ein typisches Beispiel ist das Absaugen von Gasen.
ATEX-Zone 2 (Gas) bzw. 22 (Staub)
Zone 2 und Zone 22 kennzeichnen Bereiche, in denen eine explosionsfähige Atmosphäre nur selten und nur kurzzeitig auftreten kann. Das ist beispielsweise der Reingasbereich nach dem Absaugen.
UL 1203 und ATEX: Explosionsschutz für Schaltschränke
Für den Schaltschrankbau hat die ATEX-Richtlinie eine zentrale Bedeutung, da sie dazu beiträgt, dass elektrische Systeme in explosionsgefährdeten Bereichen sicher und zuverlässig arbeiten. Schaltschrankbauer müssen sich mit den Anforderungen der ATEX-Richtlinie vertraut machen und sicherstellen, dass die von ihnen eingebauten Komponenten und Systeme die erforderlichen Sicherheitsstandards in Europa erfüllen, um die Gefährdung durch Explosionen zu verhindern. Die USA haben sich an der EU ein Beispiel genommen und ihren NEC ordnungsgemäß angepasst.

USA passen sich den EU-Richtlinien an
Mit der Einführung des NEC 505 orientierten sich die USA an der ATEX-Richtlinie und etablierten ein zweites System, das – wie in Europa – explosionsgefährdete Bereiche nach Häufigkeit und Dauer der Explosionsgefahr unterteilt. Für die Anforderungen an Schaltschränke ist diese Unterscheidung jedoch unerheblich, da hier die strengen Vorgaben der UL 1203 gelten.
Zusammenfassung
ATEX (ATmosphères EXplosibles) ist eine europäische Richtlinie, die Sicherheitsanforderungen für Geräte und Schutzsysteme in explosionsgefährdeten Bereichen regelt. Sie umfasst die Klassifizierung von Ex-Bereichen in Zonen, basierend auf der Häufigkeit und Dauer explosionsfähiger Atmosphären sowie die Einteilung von Geräten in Gruppen und Kategorien. Geräte müssen ATEX-zertifiziert sein, wenn sie in solchen Bereichen eingesetzt werden, um Zündquellen zu vermeiden und die Sicherheit zu gewährleisten.